Wenn sie an den 26. September 2021 denken, denken Sie jetzt bestimmt an einen schönen Herbsttag mit einer Radtour an der Weser. Am 26. September war auch die Stichwahl zum Bürgermeister von Nienburg. Die Kandidatinnen und Kandidaten zur Stichwahl wurden bei der Kommunalwahl am 12. September bestimmt. Wir haben uns nach der Wahl mit dem neu gewählten Oberbürgermeister der Stadt über seinen Wahlkampf und seine bevorstehenden Aufgaben in seinem neuen Amt unterhalten.
Etienne: Warum kandidierten sie ?
Etienne: Sie haben knapp die Wahlgewonnen. Wie wollen Sie Ihren Wählern und Wählerinnen beweisen, dass Sie ihr Kreuz an der richtigen Stelle gemacht haben?
Wendorf: Ich habe in der Wahl wenig versprochen und ich habe immer ganz klar gesagt, wofür ich stehe. Neben Schulen ist für mich die Kinderbetreuung das Wichtigste. Ich möchte das insofern beweisen, dass diese Punkte dann auch sichtbar sind; dass also die notwendigen Schulbauten da sind und dass wir weitere Kapazitäten schaffen. In fünf Jahren können dann die Wählerinnen und Wähler ja entscheiden, ob sie meine Arbeit gut fanden. Mein Motto war ja: Nienburg kann mehr; und da sind eben sehr viele Sachen die ich aufgenommen habe. Heute hatte ich noch wegen Hundespielplätzen mit einer Wählerin kommuniziert. Da geht es beispielsweise auch um die Umsetzung der kleinen Produkte. Da hatte ich über 130 mitgenommen und die arbeite ich jetzt fleißig ab.
Etienne: Was hat ihnen am ihrem Wahlkampf am besten gefallen und hatten sie auch schlechte Erfahrungen mit Bürgern gemacht ?
Wendorf: Also am besten hat mir tatsächlich gefallen, dass ich sehr gute Gespräche hatte und ich sehr viel über die Menschen und Vereine erfahren habe. Irgendwann kam dann auch die persönliche Ebene dazu, die mir sehr gut gefallen hat. Am Anfang war es eher so: Da kommt ein Kandidat, da muss ich ein bisschen was erzählen – das war so die erste Stunde.
In der zweiten Stunde tauten die Menschen ein bisschen auf und man tauschte sich ein bisschen intensiver aus und in der dritten Stunde ging es gar nicht mehr um Wahlkampf oder bestimmt Themen, sondern man redete einfach so miteinander. Ich war bei Einem, der erzählte mir dann plötzlich, dass er sich für Bienen interessiert, dann haben wir uns halt über Imkerei unterhalten und dass fand ich halt einfach am besten, weil ich immer noch viel über diese Menschen gelernt habe und ich dadurch weiß, dass es immer noch sehr viel zu lernen gibt.
Schwierige Leute hatte ich auch weniger als befürchtet. Vor der Stichwahl gab es zumindest auch im Internet keine großartigem Attacken auf meine Person. Das hat sich nach der Stichwahl geändert, das war schon unter Gürtelline und fand ich total unmöglich. Ein Beispiel: Wir hatten an meinem Wahlkampfstand Gummibärchen verteilt, die vegan waren. Da kam ein wütender Bürger an meinen Stand und meinte, wie könne ich es mir erlauben, Bürgermeister der Stadt werden zu wollen. Es sei ein Schlag ins Gesicht von 1.000 Leuten, die hier eben in der Firma gearbeitet haben, die Gelantine hergestellt hat. Es war auch keine Diskussion mit ihm möglich; es ging einfach nur darum, dass man keine Gummibärchen ohne Gelantine verteilen dürfe.
Etienne: Was wollen Sie in den nächsten Jahren für Schüler und Schülerinnen ändern ?
Wendorf: Das erste ist sicher die bauliche Situation. Ich werde jetzt mit den Leuten vom Bau- und Schulamt durch die Schulen gehen und wir gucken uns das an. Ich glaube, dass es ansonsten sehr viel wichtiger ist, auch die Qualität in Richtung Ganztag zu verbessern. Es gibt immer mehr Fragen von den Eltern; da möchte ich zusammen mit Vereinen daran arbeiten. Damit es nicht so ist, dass ich sage: Ich habe jetzt eine Aufsicht, damit eben Ball gespielt werden kann. Ich möchte, dass auch tatsächlich ein qualitatives Angebot entsteht, dass man sagt: Da ist Sport, da ist das Museum da ist der Naturschutzverband, da lerne ich Skateboard fahren. Wir wollen das so machen, dass wir den Vereinen auch das Personal zur Verfügung stellen werden. Ich möchte eben auch, was die Schülerinnen und Schüler angeht, ihnen diese politischen Prozesse nahebringen und ich möchte eben zeigen, wie das geht, ins Gespräch kommen. Wir haben das teilweise auch jetzt schon über den Jugendrat, aber ich glaube, dass da noch sehr viel mehr möglich ist.
Etienne: Viele Jugendlichen sind immer wieder Freitags in ganz Deutschland für Konsequentere Klimapolitik auf die Straße gegangen. Was wollen Sie in Nienburg machen, um unsere Stadt klimaneutral zu machen ?
Wendorf: Also von der Methode her bin ich für ein sogenanntes Energie-Monitoring, in das alle öffentlichen Gebäude eingespeist werden. Men sieht dann, da ist noch eine Schwachstelle, das können wir verbessern. Ich schaffe den Dienstwagen jetzt ab; das ist ein ganz ganz kleiner Anteil und das glaube ich ist auch noch mal symbolisch. Viele haben gesagt: Wir fahren gerne Fahrrad, aber nicht auf diesen Straßen, also wir müssen die Straßen so weit eben ertüchtigen, dass man gerne mit dem Fahrrad fährt. Ich möchte auch einen klimafreundlichen Tourismus voranbringen; denn davon lebt die Stadt. Das Meiste, was wir an CO² Ausstoß haben, ist der sogenannte individuelle Personen- Nahverkehr. Nur kann ich die Leute nicht zwingen, auf das Auto zu verzichten, ich kann auch nicht eben irgendwas verbieten. Aber ich glaube, wenn wir die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs attraktiver machen, ist bereits sehr viel gewonnen. Wir liegen zwischen Hannover und Bremen und wenn wir da in den Nahverkehrsbereich kämen, dann würden viele vielleicht eben auch eher sagen: Ich fahre mit der Bahn, oder: Wenn die Busanbindung nach 18.00 und am Wochenende besser würde, das wäre dann auch noch mal eine Sache, an der man arbeiten kann. Es gibt eine ganze Reihe von möglichen Maßnahmen. Wie weit wir sie umsetzten können, hängt aber auch von vielen anderen Menschen ab.
Etienne: Wo sehen sie sich und Nienburg in 5 Jahren ?
Wendorf: Ich hoffe, dass wir in 5 Jahren sagen, wir haben strukturell etwas verändert. Das heißt eben nicht nur, dass die Schulbauten und die Kinderversorgung verbessert ist, sondern dass wir eine Erleichterung auf dem Wohnungsmarkt haben. Ich hoffe, dass hier Fachkräfte gerne hingehen, das wenn man sagt ich bin in Nienburg zur Schule gegangen, hier ausgezeichnete Schulen sind und man deswegen hierher kommt. Wir haben in dieser Stadt 11.000 Menschen mit Migrationshintergrund und wir haben 4.000, die eine andere Nationalität haben. Das sind 15.000 von 32.000. Und wenn man mal so guckt, was mit Nienburg verbunden wird, dann sieht man das nicht und ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir in fünf Jahren auch zeigen, wer wir sind und dass es nicht 2 Klassen von Nienburgerinnen und Nienburgern gibt, die Einen, hier schon immer waren und die anderen, die immer nur die Zugezogenen sind.
Etienne: Wollen Sie Nienburg sozialer machen, wenn ja, wie?
Wendorf: Ich möchte es auf jeden Fall sozialer machen, weil in der Pandemie eben doch sehr viele die Ellenbogen raus geholt haben. Und es war Thema im Wahlkampf in Gesprächen, dass man sagt: Ich halte mich immer an die Regeln aber links und rechts kommen die Leute mit allem durch. Da fällt dann häufig der Satz: Wo kein Kläger da kein Richter – das finde ich als Jurist ganz fürchterlich. Entweder das Recht ist da, oder es ist nicht da. Ich möchte vor allem Stadtteilhäuser, Vereine und Jugendtreffs wie die Sprotte stärken.
Etienne: Herr Wendorf, vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Jan Wendorf (keine CC-Lizenz)