Sind die Menschenbilder von heute, die Vorzeigesünden von morgen?

Viele glauben daran, dass jeder Mensch von Grund auf gut ist. Doch sowie jeder einen guten Kern hat, hat jeder auch einen Schlechten. Die Gesellschaft verdrängt nur diesen schlechten Kern, sie möchte nicht wahr haben, dass es ihn gibt.

Wir alle sind einzigartig, dies ist eine wahre Aussage. Ob diese Einzigartigkeit immer positiv ist, dass ist eine andere Frage. Doch niemand ist perfekt und wir alle haben Fehler. Das ist menschlich. Allerseits wird immer gedacht, dass sich der Mensch hilfsbereit und respektabel verhalten soll. Das trifft auch zu, jedoch sind „Denken“ und „Realität“ zwei unterschiedliche Dinge. Einige Individuen bemühen sich zwar sehr, doch egal wie sehr sie sich anstrengen, sie versagen. Vielleicht nicht immer und vielleicht nicht sehr häufig, doch es geschieht. Menschen machen Fehler und nur durch ein ungewolltes erzwungenes „Entschuldigung“ ist es nicht wieder alles in Ordnung. Sie ändern sich nicht über Nacht. Eine komplette Veränderung des Charakters ist fast unmöglich. Die Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ zitiert in einem Beitrag mit dem Titel „Wie kann ich mich ändern“ den Bremer Verhaltenspsychologen Gerhard Roth. Schon im Bauch der Mutter würden die Weichen für das Temperament eines Kindes gestellt. Besonders prägend seien hierbei die frühen Erfahrungen der ersten drei Lebensjahre. „Bei seiner Einschulung ist ein Mensch bereits in seinen charakterlichen Grundzügen festgelegt“, erläutert Roth der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft. Selbst wenn sich Menschen fest dazu entschließen, für sich einen neuen Charakter erschaffen zu wollen, können sie diesen Willen meiner Meinung nach nur zu 15 bis maximal 20 Prozent umsetzen.

 

Die drei wichtigsten Bausteine

Wenn wir von Persönlichkeit und ihre mögliche Veränderbarkeit reden, müssen wir uns aber auch die Frage stellen, was eine Persönlichkeit ausmacht, wie sie sich zusammensetzt. Die Autonomie, Zugehörigkeit, sowie Selbstwirksamkeit sind die drei wichtigsten Bausteine. Unter die Autonomie fällt die Selbstbestimmung des Lebewesens, der Wachstum, die Veränderung und die Fähigkeiten eines  jeden solchen. Während die Selbstwirksamkeit mit Sinnstiftung, Selbstbewusstsein zuzüglich intrinsische Motivation bestehen bleibt, wird bei der Zugehörigkeit die Wertschätzung, der Respekt, das Vertrauen und auch die Sicherheit sehr in den Mittelpunkt gerückt. Dies ist jedenfalls die Meinung von Mark Lambertz, in dem von ihm verfassten Vortrag Über das Verhältnis von Menschenbild und Arbeit.

 

Der Blickwinkel des Schicksals

Ein Mensch betrachtet alles aus dem Blickwinkel, der ihm am Gelegensten erscheint. Entweder ist der Mensch wunderbar, da er ein Phänomen ist,  jedem vertraut und auch nur so vor Selbstbewusstsein strotzt oder er ist ein fehlerhaftes Abbild seines gleichen. Er erwartet nur gute Dinge von egal wie fragwürdigen Gestallten oder ist so selbstverliebt, dass nicht einmal sein eigenes Spiegelbild gut genug für ihn sein kann. Jemand könnte einzigartige Fähigkeiten besitzen oder auch durch eine Fähigkeit sich für etwas Besseres halten, da er Alles vom Schicksal geschenkt bekommt. Der deutsche klassische Philologe und Philosoph Friedrich Nietzsche sagte einst:“ Lieber aus ganzem Holz eine Feindschaft, als eine geleimte Freundschaft. “ Diese Aussage befürworte ich, da eine Entscheidung immer von ganzem Herzen getroffen werden sollte. Was sich in Wörtern kristallisiert, kann geistreich und witzig, traurig und enttäuschend sein, doch auch berühmte Zitate sind immer nur ein Bruchteil der Wahrheit, gefiltert durch die Freuden und Leiden eines Lebens.

Auf die Betonung kommt´s an

Verabscheuenswert und Wiederwertig sind nur zwei Worte. Sie können als Beleidigung dienen und mit ironischem Ton eines Scherzes oder sogar eines Komplimenten gleich kommen, doch wie sehr darf man ein solches genießen? Schließlich hat ein Jemand trotzdem solch ein Wort ausgesprochen, auch wenn es ein anderer Subtext war, der Kontext bleibt der Gleiche. Die Betonung ist eine der stärksten Waffen eines jenem Menschen und in der Hand eines Toxischen wird diese Waffe bedrohlicher denn je. Nur die falsche Aussprache oder ein Huster an einer bestimmten Stelle eines Satzes und der  Mensch, ob ein Fremder oder gar ein Seelenverwandter, wird nervös, wütend, traurig oder bekommt ein anderes unbeschreibliches Gefühl, mit dem sich wie mit einem der anderen problemlos ein Streitgespräch entwickeln lässt. Doch um den französischen Diplomaten Charles Maurice de Talleyrand zu zitieren:“ Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seine Gedanken zu verbergen. Diese Aussage trifft auf introvertierte Menschen wahrscheinlich eher zu als auf Extrovertierte. Doch wenn gefragt wird:“ Wie geht es dir? “ oder “ Was denkst du? „, wie oft äußerst du dann deine ehrliche Meinung?

Egal in welchem Alter, mit welchem Geschlecht und oder auch mit unseren anderen tausenden von Unterschieden haben wir doch alle etwas gemeinsam. Jeder von uns hat schonmal jemand anderen verletzt egal in welcher Weise, ob mit Worten oder Taten, wenn auch ungewollt, wir haben es getan. Wir können leugnen und lügen oder uns selbst eingestehen, dass wir alle Sünder sind.

Beitragsbild: Die sieben Todsünden, Gemälde von Hieronymus Bosch (1485), nach CC-Lizenz entnommen aus: Hieronymus Bosch- The Seven Deadly Sins and the Four Last Things – Sünde – Wikipedia