„Der Schüler sieht im Lehrer nur noch den Aufpasser und den Quälgeist seiner Kinderjahre; der Lehrer erblickt dagegen im Schüler nur noch eine drückende Last, nach deren Abnahme er sich herzlich sehnt.“ Diese Worte schreibt Jean Jacques Rousseau in seinem Buch „Emile oder über die Erziehung.“ Der französische Philosoph setzt sich in dem Buch mit dem Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern auseinander und entwickelt Ideen, wie das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler in Zukunft gestaltet werden sollte. Dieses Verhältnis hat sich in den vergangenen Jahrhunderten verändert. Auch Lehrer und Schüler haben sich geändert. Ich habe Lehrer an der IGS zu ihrer Schülervergangenheit und ihren unterschiedlichen Erfahrungen mit Schülern befragt.
Die Lehrerinnen und Lehrer kamen teilweise auf ganz unterschiedliche Art und Weise zum Lehrerberuf. Herr Krüger hat zunächst damit angefangen Medizinstudenten auszubilden. Da ihm das sehr viel Freude bereitet hat, wurde ihm der Lehrerberuf empfohlen. Nachdem er das Studienseminar durchlaufen hatte, wurde er Lehrer für Chemie und Physik. Durch seine eigene Schulerfahrung hatte Herr Müller selbst sehr viel Spaß an der Schule und wollte deshalb dann selbst Lehrer werden. Herr Weigl hatte in seiner Schulzeit sehr viele Nachhilfeschüler. Das hat ihm sehr viel spaß gemacht; er mag die abwechslungsreiche Arbeit mit jungen Leuten. Frau Wittenburg fand in der Begleitung von Jugendgruppen des Tennisvereins ihre Berufung zum Lehrerdasein.
Intensivere persönliche Begegnungen an der IGS
Nach ihrem Vorbereitungsdienst arbeiteten Frau Wittenburg und Herr Müller zunächst jeweils weiter an ihren Gymnasien, bevor sie an die IGS Nienburg wechselten. Herr Krüger arbeitete lange Zeit an der Haupt- und Realschule in Loccum und hat danach die IGS in Nienburg mit aufgebaut. Die befragten Lehrerinnen und Lehrer haben während ihrer Arbeit an den anderen Schulen verschiedene Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit anderen Schülern und Kollegen gesammelt. „Das Kollegium und die Schüler sind sehr unterschiedlich, die pädagogische Arbeit unterscheidet sich jedoch nicht“, meint Herr Weigl. Herr Müller lernte das Prinzip der Lernentwicklungsberichte erst kennen, als er zur IGS Nienburg wechselte. „An den Schulen, an denen ich bisher gearbeitet habe, gab es ab der fünften Klasse Noten, an der IGS jedoch erst ab der neunten Klasse. Ich finde es sehr gut, dass hier mit Kompetenzen gearbeitet wird“, meint Herr Müller in Bezug auf das IGS-System. Frau Wittenburg schätzt die viel intensiveren persönlichen Begegnungen an der IGS. „An der IGS hat man seine Klasse, wenn alles gut läuft, von Anfang bis Ende; das finde ich toll; denn am Gymnasium hat man die Klasse meistens nur zwei Jahre“, begründet Frau Wittenburg weiter.
Was das Verhalten der Schüler betrifft, so empfindet Herr Weigl, dass der Umgang untereinander nicht mehr so respektvoll sei, wie es vor einigen Jahren noch gewesen sei. Frau Wittenburg teilt diese Einschätzung. Sie findet diese Entwicklung erschreckend. Auch der Umgang mit Lehrern habe sich verschlechtert. Herr Müller beobachtet bei den Kindern einen viel größeren Bewegungsdrang, wohingegen Herr Krüger eine häufig größere Selbständigkeit und größeres Interesse am Unterrichtsgeschehen beobachtet. „Die Arbeit ist eine ganz andere geworden; der Schwerpunkt liegt jetzt eher auf dem selbständigen Arbeiten und dem Arbeiten in Gruppen. Das war am Anfang meiner Lehrertätigkeit noch nicht so ausgeprägt. Da gab es noch mehr Frontalunterricht und die Schüler haben viel mehr in Einzelarbeit gearbeitet“, erklärt Frau Wittenburg die Veränderung der Kinder zu zunehmend selbständigerem Arbeiten. Die immer größer werdenden Klassen und die verstärkte Arbeit mit Computern ist wiederum die stärkste Veränderung, die Herr Krüger beobachtete.
Nach einem anstrengenden Schultag gehen die befragten Lehrer mit einem überwiegend positiven Gefühl die Schule. Frau Wittenburg erläutert das Ganze noch ein wenig genauer: „Es freut mich natürlich ganz besonders, wenn etwas gut geklappt hat und wenn ich gemerkt habe, dass ich da irgendwas bewegt habe, oder, dass da viele Informationen wirklich angekommen sind. Wenn ich sehe, dass das, was ich mir zu Hause überlegt habe, gut umsetzen konnte und mir das auch positiv zurückgemeldet wurde, dann ist das für mich ein richtig ausgefüllter Tag. Dann freue ich mich auch und dann ist man auch motiviert, sich an die nächsten Vorbereitungen zu setzen“, meint Frau Wittenburg. Gleichzeitig sagt sie jedoch auch, dass es Tage gäbe, an denen man sich auch viele Gedanken über den Unterricht gemacht habe und es trotzdem nicht so lief, wie man sich das vorgestellt habe: „Da ist man dann ein bisschen traurig aber versucht, das Beste daraus zu machen und dann beim nächsten Mal zu verändern.“
IGS-Lehrer/-innen erzählen von ihrer Zeit als Schüler/-innen
Als Schüler waren unsere befragten Lehrer sehr unterschiedlich. „Ich denke, ich war der absolute Durchschnittsschüler; ich bin nie besonders gut, nie besonders schlecht gewesen. Im Verhalten war ich mit Sicherheit in der Pubertät sehr auffällig und danach wieder ein bisschen ruhiger; so, wie das nun mal ist“, erinnert sich Herr Weigl. Herr Müller erzählt, dass er in den Fächern sehr stark gewesen ist, in denen vor allem schriftlich gearbeitet wurde. „Ich musste viel tun, um in Mathe eine 3 zu bekommen. Mathe war ein Fach, in dem ich immer Probleme hatte“, erläutert der Lehrer für Spanisch und Werte-und-Normen weiter. „Ich war als Schüler sehr unterschiedlich. In manchen Jahren war ich Klassenbester. In anderen Jahren hatte ich mal Fächer, die mich sehr interessiert haben, mal Fächer, die mich wenig interessiert haben. In meinem Zeugnis hatte ich dann viele verschiedene Noten“, berichtet mir Herr Krüger. Frau Wittenburg beschreibt sich selbst als immer sehr fleißige Schülerin, „sicherlich bis zur zehnten Klasse ein bisschen zurückhaltend im Unterricht. Im Abitur selbst hat das etwas nachgelassen.“
Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern hat sich aus Sicht der Befragten über die Jahre hinweg ebenso geändert, wie das Verhalten der Schüler. Herr Krüger empfindet, dass die Lehrer seiner Schulzeit deutlich strenger gewesen seien: „Sie haben die Schüler einfach vor die Tür gesetzt.“ Frau Wittenburg erinnert sich an unterschiedliche Lehrkräfte: „Die einen konnten sich zu meiner Zeit nicht wirklich durchsetzen und hatten absolut massive Probleme. Die haben zwar auch irgendwas angeordnet oder Tadel gegeben, was aber von den Schülern nicht ernst genommen worden ist. Ansonsten hatte ich in meiner Schulzeit aber auch viele Lehrer, die sehr streng unterwegs waren. Ich hatte sogar Lehrer, vor denen man richtig Angst hatte. Das wirkte bei mir auf keinen Fall. Mit Angst lernen kann man nicht, da ist dann meistens irgendeine Blockade.“
Nach all diesen Fragen und Antworten sollten wir noch einmal auf den Beginn unseres Textes sehen: Sind Lehrer „Aufpasser und Quälgeister“, Schüler für Lehrer eine „drückende Last“?
Ich sehe das nicht so, Lehrer versuchen ihren Unterricht zu machen, was oft von den Schülern mal unterstützt, mal abgelehnt wird. Einige Schüler bezeichnen ihre Lehrer als streng. Doch sind sie dass wirklich? Die Lehrer machen nur ihren Job. Jeder Lehrer ist unterschiedlich und macht auch seinen Unterricht anders. Doch im Endeffekt wollen sie uns was beibringen, dass wir lernen und über uns hinaus wachsen.
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